Das Maximilianeum


Die Planungs- und Baugeschichte

In seiner Liste der Projekte,die nach seinem Regierungsantritt verwirklicht werden sollten, führte Kronprinz Maximilian 1839 auch eine "Verbindung der Stadt mit der Isar von der Neuen Residenz aus über das Lehel" auf. Konkretere Formen nahm dieses Vorhaben an, als der Architekt Friedrich Bürklein 1851 König Max II. Pläne, "die Verschönerung Münchens betreffend", vorlegte, in denen erstmals diese Verbindung zwischen der Münchner Altstadt und Haidhausen als Abfolge von Straße, "Forum", Brücken und "Akropole" definiert ist. Ziel war die Schaffung eines Boulevards und eines Zentrums urbaner Kommunikation. 1853 wurde mit dem Bau der rund 1200 m langen "Neuen Straße" begonnen, die ab 1858 offiziell "Maximilianstraße" heißt, wobei sich das in Form eines römischen Circus geplante sogenannte Forum immer mehr vom ursprünglich vorgesehenen Park zum begrünten Straßenzug entwickelte, der schließlich im Norden vom Gebäude der Regierung von Oberbayern und im Süden vom Bayerischen Nationalmuseum (heute Staatliches Museum für Völkerkunde) begrenzt wurde. Seit 1858 wurden von Stadtbaurat Arnold Zenetti Brücken über die Isar und Praterinsel geschlagen.

Um der neuen Prachtstraße Münchens ein einheitliches Aussehen zu geben, beauftragte  Max II. Architekten mit Entwürfen von Muster-Fassaden. Sie hatten sich dabei an einen vom König vorgeschriebenen neuen Stil, den sogenannte Maximiliansstil, zu halten: Auf der Basis der angelsächsisch geprägten Neugotik sollte das beste aus allen historischen Kunstepochen mit der modernen Bautechnik vereint werden.

Parallel zur Planung der Maximilianstraße verlief die des Maximilianeums. 1850 entschloss sich Max II. zu einem internationalen Architekturwettbewerb, "die Anfertigung eines Bauplans zu einer höheren Bildungs- und Unterrichts-Anstalt betreffend". Der erste Preis wurde 1854 zwar dem Berliner Oberbaurat Wilhelm Stier zuerkannt, doch lehnte Max II. den Entwurf nicht nur aus Kostengründen ab. Er beauftragte kurzerhand Friedrich Bürklein (1813 - 1872), der durch den Stadtverschönerungsplan bewiesen hatte, wie gut er auf die königlichen Vorstellungen einzugehen vermochte, und der auch diesmal den König nicht enttäuschte.

Nachdem die nicht ganz reibungslose Grundstückserwerbung abgeschlossen war, konnte Max II. am 5. Oktober 1857 den Grundstein zu Bürkleins Bau legen. Die notwendigen Erdarbeiten und die Errichtung der gewaltigen Substruktionen dauerten lange. In den Dachstuhl des der Studienstiftung vorbehaltenen Ostteils wurde im November 1861 der letzte Balken eingefügt. Im Februar 1864, kurz vor seinem überraschenden Tod, verordnete der König - obwohl der Mitteltrakt des Westbaus bereits über das erste Obergeschoss gediehen war - aufgrund wachsender Kritik eine Planänderung: die projektierten Spitzbögen mussten Neurenaissancebögen weichen, die Lisenen einer Säulenordnung. So markiert die Planungs- und Baugeschichte des Maximilianeums Anfang und Ende des Maximiliansstils. Da das Projekt nach dem Ableben des Königs, der die Baukosten aus seiner Privatschatulle bestritten hatte, hauptsächlich nur noch mit den Zinsen des Stiftungskapitals finanziert werden konnte, zog sich die Vollendung hin: Erst 1872 fielen die letzten Gerüste an der Schaufront; 1874 war der Bau endgültig fertiggestellt.

Bis 1918 beherbergte das Maximilianeum neben der Studienstiftung und einer "historischen Gallerie" auch die königliche Pagenschule. Bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde in den Galerieräumen die Münchner Kunstausstellung veranstaltet, wobei in den Arkaden "das höchstgelegene Café Münchens" die Besucher zu einem prächtigen Rundblick einlud. Doch dann wurden zwei Drittel des Bauwerks zerbombt. So war es ein Glücksfall, dass der Bayerische Landtag 1949 das Maximilianeum zu seinem Sitz erkor, wozu entsprechende Änderungen in den bisherigen Galerieräumen notwendig waren. Bald zu klein geworden, wurden 1958/59 bzw. 1964/65 im Osten Flügelbauten mit Büroräumen und Sitzungssälen angefügt. Eine grundlegende Sanierung des Maximilianeums wird seit 1978 durchgeführt. 1993 entstand eine Tiefgarage; bis Oktober 1994 konnten zwei Erweiterungsflügel erstellt werden.


Der Außenbau und seine Bildwerke

Beherrschend über dem östlichen Isarufer, durch eine ausgreifende Auffahrt wirkungsvoll erschlossen, erhebt sich das breitgelagerte Bauwerk gleich einer Gloriette. Die auf einem hohen Sockel ruhende, flachgedeckte Schaufront setzt sich aus einem leicht konkaven Mitteltrakt und zwei geraden Seitenflügeln zusammen. Die gleichmäßigen Rundbogenreihen der beiden Geschosse werden seitlich von je einem drei stöckigen offenen Turm begrenzt.

Weithin sichtbar verkünden die Bildwerke der Westfassade das Programm der ursprünglichen "höheren Bildungs- und Unterrichts-Anstalt".

So zeigen die Mosaiken am Mittelrisalit die  Stiftung Ettals durch Kaiser Ludwig IV. als Beispiel der Religiosität und Wohltätigkeit des bayerischen Herrscherhauses, flankiert von der Eröffnung der Universität in Ingolstadt und dem Sieg des Dichters Wolfram von Eschenbach auf der Wartburg als Exempel der seit alters in Bayern blühenden Wissenschaft und Kunst. Die Mosaiken des nördlichen Risalits führen als  vorbildliche staatsmännische Leistung den Wittelsbacher Hausvertrag zu Pavia vor Augen; die seitlich abgebildeten Hilfsmittel der Wissenschaften nehmen Bezug auf den Freskenzyklus des darunter befindlichen Saals. Das Gegenstück am südlichen Risalit präsentiert als erwähnenswertes Werk der Kriegskunst die Befreiung Wiens von den Türken; die dazu passenden seitlichen Kriegstrophäen verweisen wiederum auf das Bildprogramm des hier liegenden Raumes. Die 22 Büsten über der unteren Arkadenreihe porträtieren "Wohltäter, Erfinder, Weise, Literaten, Staatsmänner und Feldherren" (nördlich: von Homer bis Franz von Assisi, südlich: von Gustav II. Adolf bis Pythagoras).


Das Innere und seine Ausstattung

Betritt der Besucher das Maximilianeum durch das Hauptportal im Westen, empfängt ihn ein Vestibül. Über die Seitengänge erreicht man südlich die "Ständige Ausstellung" über das Bayerische Parlament und ein Postamt bzw. nördlich die Landtagsgaststätte. Beim Blick die Treppe empor erscheint auf der Galerie ein monumentales spätgotisches Kruzifix aus Chieming.

Auf halber Höhe teilt sich die Treppenanlage in zwei Läufe, die zu den offenen Arkaden des Steinernen Saales führen. An seinen Seitenwänden hängen zwei gewaltige Leinwandbilder: Südlich "Die Kaiserkrönung Karls des Großen" von Friedrich Kaulbach (1861) und nördlich "Die Kaiserkrönung Ludwigs des Bayern" von August von Kreling (1859). Sie sind Reste eines einst 30 Ölgemälde umfassenden Auftragswerks König Maximilians II. mit Ereignissen der Weltgeschichte (vom Sündenfall der Stammeltern bis zur Völkerschlacht bei Leipzig).

Das südöstliche der vier Portale des Steinernen Saales führt zum Plenarsaal des bayerischen Landtags mit den im Halbkreis angelegten Bänken der Abgeordneten. An der Stirnwand prangt ein von Hermann Kaspar entworfener Gobelin mit dem Großen Bayerischen Staatswappen und den Wappen der Regierungsstädte Bayerns. Gegenüber tobt die Seeschlacht bei Salamis auf einem Ölgemalde Wilhelm von Kaulbachs.

Das nordöstliche Portal bildet den Zugang zum früheren Vollversammlungssaal des nicht mehr bestehenden Bayerischen Senats. Die von den Vereinigten Werkstätten gelieferten Bronzereliefs der Wandleuchter zeigen beiderseits des Sitzes des Senatspräsidenten die Bavaria und Europa, ansonsten antike Götter und mythologische Gestalten mit Bezug auf die im Senat vertretenen Körperschaften. Das nordwestliche Portal des Steinernen Saales öffnet sich in den nördlichen Wandelgang, den sogenannten Präsidentengang. Seinen Namen hat er von den hier angebrachten Porträts der bisherigen Landtagspräsidenten. Der Gang mündet in das heutige Konferenzzimmer,das festlichen Empfängen und Sitzungen des Ältestenrats des Landtags dient. Die Ostwand des Mittelraums nimmt ein von Engelbert Seibertz geschaffenes Fresko ein, welches das Maximilianeum in neugotischen Formen noch vor der Planänderung 1864 wiedergibt. Es zeigt die imaginäre Einführung Alexander von Humboldts in einen Kreis berühmter Männer aus Kunst und Wissenschaft in Bayern. Ergänzt wird das Gemälde durch die Allegorie der "Wahrheit" zwischen der "Chemie" und der "Architektur" in den Bogenfeldern derselben Seite. An den übrigen Wandflächen des Konferenzzimmers reihen sich die von Georg Hiltensperger gemalten Standbilder von je sechs "Wohltätern" und "Erfindern".

Diese Bilder waren als Ergänzung eines Büstenzyklus gedacht, der sich einst im nördlichen und südlichen Wandelgang wie in einer Ruhmeshalle hinzog. Hier hängt heute das Porträt des jungen Königs Max II. von Julius Zimmermann. Der anschließende Raum, der den Abgeordneten als Lesesaal dient, ist das Gegenstück zum Konferenzzimmer, besitzt aber im Gegensatz dazu Spitzbögen; auch sind an seiner Ostseite die Fresken verloren: im Zentrum eine Versammlung bedeutender Staatsmänner zur Zeit des Wiener Kongresses; dafür ist heute die Ölskizze Karl Theodor von Pilotys zum Bild des Sängerstreits auf der Wartburg (vgl. Westfassade) zu sehen. Die Standbilder Friedrich Pechts an den übrigen Wänden repräsentieren je sechs Feldherren und Staatsmänner Europas.

Hier können Sie sich die Broschüre "Der Steinerne Saal im Maximilianeum und seine Sehenswürdigkeiten" als pdf-Dokument (ca. 550 KB) downloaden



Die städtebauliche Funktion des Maximilianeums

Die ersten Pläne zur heutigen Maximilianstraße wurden 1851 von dem Architekten Friedrich Bürklein (1813-1872) vorgelegt. Im Zuge der "Verschönerung Münchens" sollte ein Boulevard und ein Zentrum urbaner Kommunikation geschaffen werden, die zugleich als eine Verbindung der Stadt mit der Isar und dem jenseits des Flusses gelegenen Haidhausen gedacht waren. Straße, Forum und Brücke sollten in einem malerischen Schlußobjekt, einer Akropole, auf der Isarhöhe kulminieren - dem späteren Maximilianeum.


Die Architektur - "Maximilianstil"

Max II. beabsichtigte, seiner neuen Prachtstraße ein einheitliches Aussehen zu geben, und schrieb seinen Architekten den heute nach ihm benannten Maximilianstil vor: Spitzbogige Arkaden und vorherrschende Vertikalität aus der angelsächsischen Neugotik waren die Basis, auf der die besten Elemente aller historischen Kunstepochen mit moderner Bautechnik vereint werden sollten. Das Maximilianeum ist als letztes Gebäude zugleich die Vollendung und der Niedergang dieses Stils: Kurz vor seinem Tode ordnete der König trotz bereits laufender Bauarbeiten an, die Fassade mit Rundbögen zu versehen.


Kunst im Maximilianeum

Zu Beginn bestand die Stiftung neben dem Gebäude, seiner Einrichtung und dem Geldkapital aus 30 Ölgemälden und 24 Marmorbüsten. Das Geld wurde vollständig von der Inflation der 1920er Jahre aufgezehrt, und nur 17 der 30 Bilder überstanden den 2. Weltkrieg.

Die Gemälde der "Historischen Galerie" entstanden ab 1852 unter der Leitung von Leo von Klenze (1784-1864) und zeigen die Hauptmomente der Weltgeschichte. Die Bildhauer Peter Schöpf (1804-1875) und Johann Halbig (1814-1882) stellen diesen mit ihren Büsten aus Carrara-Marmor die plastische Veranschaulichung von Wohltätern, Erfindern, Weisen, Literaten, Staatsmännern und Feldherren an die Seite. Ergänzt wird der künstlerische Entwurf durch Bilder an der Fassade des Maximilianeums und in den Innenräumen.

Der leitende Gedanke dieses Kunstprogramms ist ein zweifacher: Schönheit und Wahrheit. Dahinter steht das Bildungsideal der damaligen Zeit: Kunst dient nicht allein der "Ausbildung der Kunst", sondern auch der "Bildung des Volkes". Diese vermittelt die Geschichte - die "Erzieherin des Menschengeschlechts".




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