Rechtsextremismus

Handreichung für Ortsvereine: Empfehlungen zur Auseinandersetzung mit rechtsextremistische Parteien
1. Argumente
Warum es falsch ist, eine rechtsextremistische Partei zu wählen
Manche Wähler suchen ein Ventil für Enttäuschung, Wut und Ängste. Arbeitslosigkeit, fehlende Perspektiven, ein beschleunigter gesellschaftlicher Wandel infolge von Globalisierung und Individualisierung sowie die Herausbildung der Wissens- und Informationsgesellschaft treiben der extremen Rechten Proteststimmen zu.
Die SPD sagt: Das ist ein falscher Schritt. Rechtsextremistische Parteien sind unanständige Parteien. Zulauf, Unterstützung und Wahl einer rechtsextremistischen Partei läßt sich durch vorhandene Probleme zwar erklären, aber nicht rechtfertigen.
Die sozialen Ursachen einer Protestwahl lassen sich bekämpfen. Die SPD ist stolz auf ihren Widerstand gegen den Nationalsozialismus, ihre kompromißlose Ablehnung von Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. An dieser Linie halten wir fest.
Wer rechts wählt, unterstützt Hass und Unvermögen
Die rechtsextremen Parteien sind wahrlich nicht beeindruckend mit ihrem paranoiden Weltbild, das nur noch von ihrem Scheitern an der Wirklichkeit übertroffen wird. Wir sagen klipp und klar: Diese Parteien sind unanständig, was ihre Hassparolen und peinlich, was ihre Machenschaften angeht. Die SPD biedert sich den Anhängern von rechtsextremen Parteien nicht an. Wähler mit tatsächlich rechtsradikalen Überzeugungen können und wollen wir nicht bekehren. Wähler, die aufgrund sozialer Probleme ihr Heil in den vordergründigen Parolen der Rechtsextremisten suchen, wollen wir überzeugen.
Wer rechts wählt, löst keine Probleme
Stimmen für rechtsextreme Parteien sind vergeudete Stimmen. Die NPD ist bei Wahlen nicht mehr als eine Splitterpartei. Die parlamentarische Bilanz von DVU und Republikanern ist verheerend. Häufig stehen diese Parteien eine volle Legislaturperiode gar nicht durch. Das Auftreten von DVU- und REP-Abgeordneten ist oft peinlich, das Finanzgebaren ihrer Parlamentsvertretungen abenteuerlich. Regelmäßig scheitern Rechtsextremisten an sich selbst, an internem Streit und an der Unfähigkeit, Konzepte und Problemlösungen zu entwickeln.
2. Zum Umgang mit rechtsextremen Parteien im Wahlkampf
· Die SPD muß bei der Ansprache potentieller rechter Protestwähler ihre eigenen politischen Schwerpunkte in den Vordergrund stellen. Untersuchungen zeigen, daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit dabei ein besonders wichtiges Thema ist.
· In problematischen Stimmbezirke sind Wahlkampfinstrumente, die eine möglichst direkte Ansprache ermöglichen - Postwurfsendungen, Telefonaktionen, Hausbesuche - wichtig. Auch Kleinanzeigen in stadtteilbezogenen Zeitungen sind interessante Instrumente.
· Da in der Schlußphase von Wahlkämpfen mit massivem Werbeeinsatz der Rechtsextremen gerechnet werden muß, sollten Mittel bereitgehalten werden, die sicherstellen, daß (auch kommerziell) nachplakatiert werden kann.
· Genauso wichtig wie das Medium ist die Sprache: Unkomplizierte Darstellung, konkrete Beispiele, positive Botschaften; Verzicht auf Schnickschnack, lange Analysen und Beschimpfungen. Der Bezug zum Thema soziale Gerechtigkeit sollte hergestellt werden.
· Sozialdemokratische Pressearbeit sollte im Wahlkampf eine Medienkommunikation befördern, die sich auf Aufklärung konzentriert, aber ein Hochreden vermeidet.
· Inhaltliche Verbiegungen bei empfindlichen Themen (z.B. Innere Sicherheit) führen nach allen Erfahrungen zum Gegenteil des erhofften Ergebnisses. Die Programmatik der SPD darf auf keinen Fall aufgeweicht werden.
· Kurzfristige „Kampagnen gegen rechts“ in der Schlußphase von Wahlkämpfen sind nicht nur nutzlos, sie können auch kontraproduktiv sein. Demonstrationen oder Symbolaktionen erhöhen in der Situation des Endspurts möglicherweise die Attraktivität rechtsextremer Parteien. Bündnisse mit öffentlichen Stellungnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn sie von Kirchen und Gewerkschaften ausgehen bzw. getragen werden.
· Die Auseinandersetzung mit Repräsentanten bzw. Parlamentariern der extremen Rechten darf nicht aggressiv geführt werden, sondern muß auch im Wahlkampf sachlich bleiben und auf Tricks verzichten. Die Rechtsaußen dürfen nicht die Gelegenheit bekommen, sich als Quasi-Verfolgte oder Unfair-Behandelte zu präsentieren.
3. Information
Die rechte Parteiszene: Organisationen und Potentiale
Ende 1998 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz 114 rechtsextreme Organisationen und Personenzusammenschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland gezählt (1997: 109). Die Zahl ihrer Mitglieder und der nichtorganisierten Rechtsextremisten ist mit rund 53.600 angegeben worden, etwa 11 % mehr als im Vorjahr (48.400). In rechtsextremistischen Parteien waren demnach insgesamt rund 39.000 Personen organisiert (1997: 34.800; 1996: 33.500; 1995: 35.900; 1994: 45.400).
Seit 1996 erhält die gewaltbereite rechtsextreme Szene Zulauf. 1998 hat der Verfassungsschutz 8.200 Personen (1997: 7.600) als gewaltbereit eingestuft. Dazu werden auch jene Rechtsextremisten gerechnet, die sich - ohne selbst Gewalttaten zu begehen - für Gewaltanwendung aussprechen. Skinheads bilden die größte Gruppe unter den gewaltbereiten Rechtsextremisten.
Die Zahl der mehr oder weniger organisierten Neonazis in Deutschland ist gegenüber 1997 mit 2.400 Personen in etwa gleichgeblieben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat diesbezüglich 41 Gruppen (1997: 40; 1996: 48) gezählt.
Bei den Wahlen der letzten Jahren sind rechtsextreme Parteien in der Bilanz überwiegend gescheitert. Zwar konnten einzelne Parteien auf Landesebene die Fünf-Prozent-Hürde überspringen; diese punktuellen Erfolge ließen sich jedoch nicht verstetigen und vor allem nicht auf Bundesebene übertragen. Weder die Republikaner, noch DVU oder NPD hatten bei der Bundestagswahl 1998 auch nur die geringste Chance, über die fünf Prozent zu kommen.
Die Republikaner (REP)
Laut Verfassungsschutz zählten die REP 1998 rund 15.000 Mitglieder (1997: 15.500). Nachdem die Partei Ende der 80er Jahre durch einige spektakuläre Wahlerfolge viel Aufmerksam-weit erregt hatte, wurde es in den Folgejahren zunehmend stiller um sie. Ursprünglich als CSU-Abspaltung angetreten, verorteten sich die REP unter ihrem Ex-Vorsitzenden Franz Schönhuber zügig rechts außen. 1990 soll die Partei angeblich 25000 Mitglieder gezählt haben, hauptsächlich in Baden-Württemberg und Bayern. Vereinzelten Erfolgen (bei der Europawahl 1989 sowie Landtags- und Kommunalwahlen) folgten immer viele Niederlagen, so daß die REP keine auf die Bundesebene ausgreifende Dynamik entfalten konnte.
Im Europaparlament blamierten sich die Republikaner nach Kräften. Infolge parteiinterner Auseinandersetzungen wurden 1991 fünf der sechs REP-Europaabgeordneten aus der Partei ausgeschlossen oder traten selbst aus. Auch auf kommunaler Ebene scheiterten die REP immer wieder. So lösten sich nach den hessischen Kommunalwahlen 1993 viele REP-Fraktionen schnell wieder auf. Ein Großteil der Mandate blieb nach dem Ausscheiden unbesetzt, weil die Partei keinen Ersatz hatte.
Einzige Ausnahme dieser desolaten Entwicklung der REP in den Parlamenten ist Baden-Württemberg. Hier gelang der Partei bei der Landtagswahl 1996 mit 9,1 % der Stimmen (1992: 10,9 %) erstmals der Widereinzug in ein Landesparlament. Diese „Serie“ kann jedoch bei der Landtagswahl im kommenden Frühjahr beendet werden!
Die REP profitierten zeitweise vom Streit über das Asylrecht, fanden danach jedoch keine geeigneten Profilierungsthemen mehr. Auch im Prozeß der deutschen Einheit 1989/90, eigentlich in einer „Hochphase“ der REP gelegen, konnte die Partei kein spezifisches Profil ausprägen. Zahlreiche Enttäuschungen und interner Streit führten 1994 zum Austritt Schönhubers und zahlreicher Parteimitglieder. Unstetig und insgesamt erfolgsarm verlief bis heute die weitere Entwicklung der REP.
Zunehmende Farblosigkeit und anhaltende Wahlniederlagen lösten innerhalb der Partei immer wieder Diskussionen über den vom REP-Vorsitzenden Rolf Schlierer vorgegebenen Abgrenzungskurs gegenüber anderen rechtsextreme Organisationen aus. Im November 1998 hat Schlierer jedoch mit dem DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey eine Vereinbarung getroffen, durch die unnötige Konkurrenz zwischen beiden Parteien bei Wahlen vermieden werden sollte. Dieser Widerspruch - formale Beibehaltung des Abgrenzungskurses und gleichzeitige Wahlabsprache mit der DVU - ist ein Beleg dafür, daß sich die REP bisher eher aus taktischen Gründen und nicht aufgrund ideologischer Differenzen von anderen rechtsextremen Gruppierungen abgegrenzt haben.
Teile der Partei bemühen sich zwar, politische Positionen auf dem Boden des Grundgesetzes und der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu entwickeln. Auf der anderen Seite gibt es laut Verfassungsschutz jedoch tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß nicht wenige Mitglieder und Anhänger der REP Bestrebungen verfolgen, die gegen diese Grundordnung gerichtet sind - sei es in Fragen der Ausländerpolitik, beim Verhältnis zum parlamentarischen System oder die Haltung zu verfassungsfeindlichen Gruppierungen.
Die REP werden deshalb auch weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Diskussion über ein NPD-Verbot kommt da gerade recht, eröffnet diese der Partei doch die Gelegenheit, sich als „demokratisch legitimierte Rechte“ zu präsentieren. Nach Ansicht der REP-Führung diskreditiere die NPD jeden seriösen Ansatz rechter Politik in Deutschland und befördere mit ihrem Erscheinungsbild ein „Dumpfbacken-Image in der Öffentlichkeit“, das die aktuelle „Kampagne gegen Rechts“ möglich gemacht hat.
Deutsche Volksunion (DVU)
Auch die 1971 als Auffangbecken für enttäuschte NPD-Anhänger gegründete DVU konnte trotz gelegentlicher Wahlerfolge auf Länderebene in den vergangenen Jahren nicht dauerhaft reüssieren. Die Fernsteuerung der Partei durch ihren Vorsitzenden, den Münchner Verleger Gerhard Frey, und dessen enorme finanzielle Aufwendungen begünstigten zwar immer wieder Überraschungscoups in Wahlkämpfen, verhinderten aber Kontinuität, regionale Profilierung und die Herausbildung von aktiven Kernen. Der Partei mangelt es an sozialer Verankerung in den Regionen. DVU-Mitglieder treten kaum in Erscheinung. Beobachter sehen in der DVU denn auch weniger eine Partei als ein straff organisiertes Unternehmen, wenn man so will: den Privatbesitz von Gerhard Frey.
Zu den Presseerzeugnissen aus dem Hause Frey zählten die „Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und die „Deutsche Wochen-Zeitung / Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA), die im September 1999 zur „Nationalzeitung / Deutsche Wochen-Zeitung" zusammenlegt wurden. Damit einher ging eine Verengung der Themenskala auf gängige rechtsextremistische Agitationsfelder. In vielen Schlagzeilen und Artikeln werden in der Nationalzeitung antisemitisch gefärbte Botschaften verbreitet. Breiten redaktionellen Raum nimmt der Versuch ein, die Verbrechen des NS-Regimes mit Ereignissen in anderen Staaten gleichzusetzen, um die deutsche Schuld zu relativieren und damit den Nationalsozialismus tendenziell zu rehabilitieren.
In den vergangenen beiden Jahren gelangen der DVU wieder einmal punktuelle Wahlerfolge. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 1998 erreichte die Partei mit 12,9 % ein spektakuläres Ergebnis. Damit zog zum ersten Mal eine rechtsextremistische Partei in ein ostdeutsches Landesparlament ein. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes erlebte die DVU durch diesen Erfolg einen starken Mitgliederzuwachs. Die Gesamtzahl ist 1998 auf rund 18.000 (1997: 15.000; 1996: 15.000) geschätzt worden.
Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen im Juni 1999 erlangte die DVU durch ein überdurchschnittliches Ergebnis in Bremerhaven ein Mandat. Im September 1999 zog die Partei mit fünf Mandaten (=5,3 %) in den brandenburgischen Landtag ein. Die DVU konnte bei diesen Wahlen offenbar von der Absprache mit den REP zur Vermeidung unnötiger Konkurrenz bei Landtagswahlen aus dem November 1998 (s.o.) profitieren.
Das Verhalten der DVU in den Landtagen illustriert in besonderer Weise die Politikunfähigkeit rechtsextremer Parteien. Wahlerfolgen folgte rasches Scheitern. Fraktionsspaltungen, Finanzskandale, peinliche Auftritte und fehlendes Engagement markierten immer wieder die Selbstdemontage der DVU. In Schleswig-Holstein zerbrach die DVU-Fraktion schon ein halbes Jahr nach der Landtagswahl 1992. Austritte und Rücktritte führten 1995zum endgültigen Aus. Die Abgeordneten beschränkten ihre Tätigkeiten auf die Teilnahme an Plenarsitzungen, die arbeitsintensiven Ausschüsse wurden gemieden. Sehr aktiv waren die Parlamentarier lediglich bei der Bewilligung von Zulagen aus Steuergeldern für die eigene Tasche. Die persönliche Kasse des Verlegers Frey wurde durch großformatige Propagandaanzeigen in dessen rechtsradikalen Gazetten gefüllt.
Vergleichbare Erfahrungen machte die Öffentlichkeit mit der DVU-Fraktion in Bremen, die zwei Jahren nach der Bürgerschaftswahl 1991 ebenfalls zerfallen war. Deren Engagement beschränkte sich auf einige unqualifizierte Reden sowie auf die Finanzierung von DVU-Anzeigen für Wahlkämpfe in anderen Bundesländern aus Steuergeldern. Das Geld mußte zurückgezahlt werden. Die DVU-Parlamentarier bestellten und bezahlten Zehntausende von Frey-Zeitungen. Ein Abgeordneter kaufte sich aus Fraktionsmitteln eine Waschmaschine, deklariert als Aktenvernichter. Sogar Gartenmöbel, falsche Zähne, Damen-Oberbekleidung und eine Brille für die Ehefrau erwarb der DVU-Mann mit Steuermitteln.
In Sachsen-Anhalt bietet sich aktuell das gleiche Bild: Fraktionsaustritte und Spaltungen, politisch überaus unerfahrene Mandatsträger, unfähig zu geregelter parlamentarischer Arbeit und im persönlichen Verhalten ausgesprochen sektiererisch.
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)
Die NPD wird seit Mitte der 90er Jahre vor allem in den neuen Bundesländern - und hier besonders in Sachsen - zu einem Sammelbecken militanter und gewaltbereiter Jugendlicher. Eine besondere Funktion bei der Rekrutierung aus dieser Jugendszene haben die Jungen Nationaldemokraten (JN). Als einzige rechtsextremistische Partei verfügt die NPD über eine zahlenmäßig relevante und einflußreiche Jugendorganisation. Den JN zählte 1998 rund 400 Mitglieder (1997: 350; 1996: 200).
Das Bundesamt für Verfassungsschutz betrachtet die JN als wichtiges Scharnier zwischen NPD, Neonazis und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen. Einige Neonazis sind inzwischen in führende Funktionen der JN gelangt - so z.B. der Bundesvorsitzender Sascha Roßmüller, ein bekannter Neonazi - und verfügen über erheblichen Einfluß auch in der NPD. Die Zusammenarbeit mit Neonazis war innerparteilich zunächst umstritten, setzte sich 1999 jedoch fort. Auch dem NPD-Bundesvorstand gehören mehrere Neonazis an.
Viele neue NPD-Mitglieder stammen aus Organisationen, die in den 90er Jahren verboten wurden (z.B. aus der FAP). Symptomatisch dafür ist ein Mann wie Manfred Roeder, der wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde. Bei der Bundestagswahl 1998 kandidierte Roeder für die NPD in Mecklenburg-Vorpommern.
Äußerungen führender Funktionsträger der NPD belegen, daß die Partei die freiheitlich demokratische Grundordnung tatsächlich ablehnt und bekämpft. Die Partei agitiert vehement gegen Demokratie und Rechtsstaat. Das parlamentarische System wird als unfähig, korrupt und gegen die Interessen des Volkes gerichtet hingestellt. Die NPD sieht sich als Speerspitze einer „sozialrevolutionären Erneuerungsbewegung". Ihrem Selbstverständnis nach ist die Partei einem „deutschen Sozialismus" mit dezidiert antikapitalistischen Elementen verpflichtet. Die NPD sieht in einem „nationalen Sozialismus (...) die höchste Form der Volksgemeinschaft verwirklicht". Mit diesem, vom Nationalsozialismus entliehenen kollektivistischen Modell wendet sich die NPD unmittelbar gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.
Des weiteren betreibt die NPD eine offen fremdenfeindliche und rassistische Propaganda, mit der die Menschenwürde und der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes in eklatanter Weise verletzt werden. Ein ausgeprägter Antisemitismus zählt hierzu ebenfalls. Mit einer auf rassistischer Grundlage beruhenden antisemitischen Agitation versuchen NPD-Funktionäre, die nationalsozialistische Wahnvorstellung einer „jüdischen Weltherrschaft“ neu zu beleben.
Als Wahlpartei ist die NPD weitgehend bedeutungslos. Bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern 1998 (1,1 %) und in Sachsen 1999 (1,4 %) fanden ihre Ergebnisse ein wenig Beachtung. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2000 trat sie als einzige rechtsextremistische Partei an und erhielt 1 % (= 15.106 Stimmen). In Nordrhein-Westfalen am 14. Mai trat die NPD nur vereinzelt an und erzielte lediglich 2.351 Stimmen (0,0 %).
Gleichwohl konnte die NPD vor allem in den neuen Ländern zahlreiche neue Mitglieder gewinnen (1998: 6.000; 1997: 4.300; 1996: 3.500). Dieser Zuwachs geht laut Verfassungsschutz insbesondere auf die vom NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt geförderte Bereitschaft der NPD zurück, mit Neonazis zu kooperieren. Voigt führt die 1964 gegründete NPD seit 1996. Unter seiner Leitung hat sich die Partei systematisch für Neonazis und Skinheads geöffnet und diese in ihre Aktivitäten eingebunden. Durch eine gezielte Strategie ist es der NPD insbesondere in den ostdeutschen Ländern gelungen, vergleichsweise schnell neue und vor allem junge Mitglieder zu werben.
1997 hat die NPD ein „Drei-Säulen-Konzept" für ihre politisch-strategische Arbeit beschlossen. Darunter ist eine langfristige, kontinuierliche Aufbauarbeit zu verstehen. Dem „Kampf um die Straße“ soll der „Kampf um die Köpfe" und schließlich der „Kampf um die Parlamente" folgen. Die NPD versucht auf diese Weise, ihre Mobilisierungsfähigkeit auszubauen und sichtbar öffentliche Präsenz zu zeigen. Dazu dienen zentrale Großveranstaltungen wie auch viele kleine regionale Demonstrationszüge, an denen oft mehrheitlich Neonazis und Skinheads teilnehmen. Erst wenn der „Kampf um die Straße“ entschieden sei, so die NPD-Führung, könne der „Kampf um die Parlamente“ mit der Aussicht geführt werden, sich als dauerhafte nationale Kraft zu etablieren.
Die NPD ist gegenwärtig die auffälligste rechtsextremistische Partei in Deutschland. Gefahren für die innere Sicherheit ergeben sich aus ihrer Hetze im „Kampf um die Straße". Durch das martialische Auftreten von Demonstrationsteilnehmern, insbesondere von Skinheads, verbreitet die Partei ein Klima der Einschüchterung und Gewalt. Das Vordringen ehemals führender Neonazis bis in die Leitungsebene der NPD hat dazu geführt, daß auch Mitglieder verbotener Organisationen die Partei zunehmend als legales Vehikel zur politischen Agitation betrachten. Die Folgen zeigen sich nicht nur in einem zunehmend aggressiven Auftreten der maßgeblichen Funktionäre, sondern auch in dem Umstand, daß einige Mitglieder und Funktionäre der in gewalttätige Aktivitäten oder Straftaten involviert waren.
4.
Fazit
Nach Informationen des Bundesinnenministeriums sind gegen Mitglieder und Anhänger der NPD derzeit mehr als 350 Ermittlungsverfahren anhängig. Rund 80 Verfahren beziehen sich auf Gewalttaten, etwa 120 auf die Verwendung von NS-Kennzeichen. Auch und gerade vor diesem Hintergrund ist das Verbot der NPD eine unmittelbar zu ergreifende Maßnahme.
Die rechtsextremistische Szene in Deutschland ist unter massiven staatlichen Verfolgungsdruck geraten. Das rechtsextreme Parteienspektrum ist durch die Diskussion über das NPD-Verbot aufgeschreckt. Staatliche Repressalien gegen Rechtsextremisten zeigen somit auch mittelbar Wirkung. Das ist gut so, macht es doch deutlich, daß wir in einer wehrhaften Demokratie leben.
Das allein reicht jedoch nicht aus. Neben dem Staat ist auch die zivile Bürgergesellschaft gefordert. Dort muß die Bereitschaft gestärkt werden, den rechten Sumpf auszutrocknen, Toleranz zu praktizieren und Gewalt zu verhindern. Rechtsextremismus lebt von der alltäglichen Sorge vor dem Neuen und dem Vorurteil gegenüber allem Fremden. Mancher scheinbar harmlose Spruch über Minderheiten kann hier den Boden bereiten. Der Kampf gegen Rechts geht deshalb jeden Demokraten etwas an.
Die SPD fordert: Null Toleranz für Intoleranz, wem immer sie auch gilt. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt dürfen in unserer Gesellschaft keine Chance haben.